Ihr Anwalt für Pferderecht informiert zum Thema: Haftung bei einem Proberitt im Rahmen der Kaufvertragsanbahnung
LG Ravensburg 05.09.2023
Im vorliegenden Fall hatte sich die Klägerin, die seit dem 4. Lebensjahr reitet, auf der Suche nach einem Pferd bei dem beklagten Pferdehändler ein 3,5 jährigen Wallach zeigen lassen. Hierzu wurde ihr der Wallach zunächst im Freilauf, dann unter dem Sattel in der Halle und anschließend im Gelände vorgestellt. Hierbei zeigten sich keine Auffälligkeiten. Danach ritt die Klägerin auf ihren Wunsch mit dem Wallach zunächst in der Halle und dann in Begleitung des Zeugen M. ins Gelände. Nach Verlassen des Hofgeländes – nach Aussage der Klägerin soll zu diesem Zeitpunkt der Wallach nervös geworden sein – bogen die Klägerin mit dem Wallach und der Zeuge M. mit seinem Pferd in einen Feldweg ein und begannen dort mit den Pferden zu traben. Der Wallach trabte hierbei am Pferd des Zeugen M. vorbei, rannte nach links auf einen Acker, wo die Klägerin sodann vom Pferd fiel. Bei dem Sturz verletzte sich die Klägerin. In der Folge machte die Klägerin gegenüber dem Beklagten Schadensersatz wegen der erlittenen Verletzungen und Beeinträchtigungen ein Schmerzensgeld von 100.000 Euro gerichtlich geltend.
Das Gericht entschied, dass ein Kaufinteressent, der mit einem Pferd einen Proberitt mache, einen Anspruch aus § 833 BGB habe, wenn das Pferd – willkürlich – ausbrechen würde und der Kaufinteressent dabei vom Pferd stürze und einen Schaden erleide.
Dazu führte das Gericht weiter aus, dass der Verkäufer den Entlastungsbeweis nach § 833 Satz 2 BGB nicht führen kann, wenn er den Kaufinteressenten einen Proberitt durchführen lasse und er dabei keine ausreichenden Einfluss-/Einwirkungsmöglichkeiten auf das probegerittene Pferd habe. Sorgfaltswidrig i. S. d. § 833 Satz 2 BGB sei es auch, wenn der Verkäufer den Kaufinteressenten vor einem Proberitt nicht auf die besonderen Gefahren hinweise, die ein Ritt mit einem unbekannten Pferd im unbekannten Gelände mit sich bringt.
Ein – die Haftung ausschließendes – Handeln auf eigene Gefahr setze darüber voraus, dass sich der Geschädigte einer besonderen Tiergefahr ausgesetzt habe und er sich der besonderen Gefährdung bewusst gewesen sei. Dafür reiche der Proberitt mit einem unbekannten Pferd im unbekannten Gelände nicht aus. Auch der Proberitt mit einem Pferd, das zeitweise angespannt oder nervös sei, begründe keine besondere Tiergefahr. Der Kaufinteressent, der mit einem zeitweise angespannten und nervös wirkenden Pferd einen Proberitt mache und diesen allerdings fortsetze, müsse sich jedoch ein Mitverschulden von 30% anrechnen lassen, wenn er dabei zu Schaden komme.
Ein konkludenter vertraglicher Haftungsausschluss komme jedoch regelmäßig nicht zustande, wenn der Kaufinteressent ein Pferd im Rahmen der Kaufvertragsanbahnung probereite, so das Gericht.
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